Landesliga: RW Hünsborn – SV Attendorn 3-2
Spielbericht Siegener Zeitung von Werner Leemreize
Der „Spucker“ kam von hinten
Turbulentes Kreisderby endet mit 3:2-Sieg für Rot-Weiß Hünsborn
Zwei Platzverweise schwächten Attendorn
Klasse, Rasse, eine rasante Aufholjagd und Rote Karten – mehr geht fast nicht. Dass dabei Fußball-Landesligist RW Hünsborn mit dem 3:2 (1:2)-Heimsieg über den SV 04 Attendorn sein erstes Olper Kreisderby in der aktuellen Saison gewann – zuvor gab es in Altenhof ein 2:3 und in Lennestadt ein 0:2 – geriet fast zur Nebensache.
Die entscheidende Szene des Spiels resultierte aus der 66. Minute. Der Hünsborner Marius Uebach erzielte mit einem überlegten Flachschuss das 3:2-Siegtor. Hinter dem Attendorner Gehäuse machten sich Ersatzspieler des SV 04 Attendorn warm, von denen ein paar auf den Kunstrasen liefen. Einer von ihnen: Milos Mitrovic, der den Torschützen offenbar bespucken wollten. „Ja, das stimmt“, bestätigte Uebach später und ergänzte: „Aber er hat mich nicht getroffen.“
Glück? Der Linienrichter bestätigte dem Schiedsrichter jedenfalls den Vorfall, der prompt die Rote Karte zückte. „Da musste ich durchgreifen. Das ist eine Tätlichkeit“, begründete der Unparteiische Alessio Murrone aus Lüdenscheid im Gespräch mit der Siegener Zeitung. Mitrovic darf sich auf eine Sperre einstellen. Genauso wie Martin Mucha, der, bereits verwarnt, in der 86. Minute die Gelb-Rote Karte wegen Ballwegschlagens sah.
Ins Bild der Undiszipliniertheiten und Hektik passt, dass sich Attendorner Spieler beim Gang in die Kabine verbal mit dem Schiedsrichtergespann und Zuschauern anlegten. Es war nicht unbedingt eine hochkarätige Werbeveranstaltung der Gäste. Albert Hasenau, Vorsitzender des SV 04, will die Angelegenheit jedenfalls nicht kommentarlos zu den Akten legen. „So etwas habe ich noch nicht erlebt“, schüttelte er fassungslos den Kopf und kündigte interne Gespräche mit klaren Worten an und sprach von Konsequenzen, „die wehtun müssen“.
Dabei gab es überhaupt keinen Grund für ein derartiges ungezügeltes Verhalten, denn auf dem Spielfeld überraschte die Elf in den ersten 25 Minuten mit einer starken Leistung und einer 2:0-Führung durch die Treffer von Jannik Lenninger (15.) und Andreas Spais (23.). Alles schien auf einen Attendorner Sieg hinauszulaufen, doch vergaben sie aussichtsreiche Chancen zum 3:0 und 4:0. Folge: Der Hünsborner Trainer wechselte nach 33 Minuten, brachte Henrik Blecker für Marius Strunk, ließ Dennis Ermin von der Außen- auf die Innenverteidigerposition rücken und beorderte Blecker auf die linke Abwehrseite. „Ein Trainer darf auch mal nach 30 Minuten auswechseln. Ich habe es so empfunden, dass ich etwas machen muss“, erklärte der Coach nach dem Schlusspfiff. Dieser Schachzug jedenfalls saß, denn seine Elf fand fortan besser ins Spiel und schaffte durch Marius Uebach nach feiner Vorarbeit von Daniel Jung den Anschlusstreffer (40.). Und als Hünsborn nach der Pause Tempo und Druck erhöhte, schien die Partie kippen zu können. Andreas Mayer per Kopfball nach Freistoß von Steffen Hatzfeld gelang das 2:2 (54.), während Marius Uebach das nach 30 Minuten unmöglich Erscheinende doch noch möglich machte (66.). 3:2 – die furiose Aufholjagd fand ein glückliches Ende.
Auch deshalb, weil sich Attendorn durch Undiszipliniertheiten selbst schlug. Dass die beiden Spielertrainer Hasan Dogrusöz (beruflich in Aserbaidschan) und Eugen Litter (privat in Kasachstan) fehlten, dient der Elf nicht als Ausrede. „Das war ein außergewöhnliches und untypisches Spiel von uns. Ich verstehe das nicht“, ärgerte sich Albert Hasenau, als er die Weber-Haus-Arena verließ.
Spielbereicht www.derwesten.de von Michael Meckel
In zehn Minuten von 1:2 auf 3:2
Nach der Pause spielte praktisch nur noch eine Mannschaft: RW Hünsborn. In der 54. Minute verlängerte Andreas Mayer einen Freistoß von Steffen Hatzfeld mit dem Kopf ins lange Eck zum 2:2. Zehn Minuten später tanzte Marius Uebach rund 20 Meter vor dem Tor drei Attendorner aus und erzielte mit einem satten Schuss genau ins rechte Eck sogar das 3:2 für die Gastgeber. Das Spiel war endgültig umgebogen.
Als wenn der Spielverlauf nicht schon spannend genug gewesen wäre, folgte nun der Aufreger des Spiels. Marius Uebach lief jubelnd in Richtung einiger SV04-Spieler, die sich hinter ihrem Tor warm machten. Es kam zur Rudelbildung und zu einem Wortgefecht, in dessen Verlauf SV04-Ersatzspieler Milos Mitrovic Marius Uebach angespuckt haben soll. Schiedsrichter Alessio Murrone ahndete das nach Rücksprache mit seinem Assistenten mit der Roten Karte.
„Spucken geht gar nicht“
Vier Minuten vor Schluss flog auch noch Martin Mucha mit Gelb/Rot vom Platz, als er nach eine Entscheidung des Schiedsrichters, mit der er wohl nicht einverstanden war, den Ball gegen die Bande donnerte. Das waren die einzigen Szenen, in denen die Gäste nach der Pause ernsthaft auffielen. Eine echte Chance hatten sie keine mehr. In der Schlussminute hätte Sebastian Braas eigentlich noch das 4:2 machen müssen.
„Das war ein hektisches und zerfahrenes Spiel. Aufgrund der zweiten Halbzeit geht unser Sieg in Ordnung. Da hatte Attendorn ja keine Chance mehr. Ich freue mich sehr, dass wir nach dem 0:2 noch mal so gut zurück gekommen sind. Über das, was sonst passierte, möchte ich lieber nichts sagen“, so Hünsborns Trainer Andreas Waffenschmidt.
Attendorns Robin Entrup brachte es beim Gang in die Kabine auf den Punkt: „Wir müssen uns für den Auftritt in der zweiten Halbzeit entschuldigen.“ Und auch Attendorns Vorsitzender Albert Hasenau war verärgert: „Das war wieder eines der Spiele, die wir völlig unnötig durch viele Undiszipliniertheiten verloren haben. Wir mussten ja schon vor dem 1:0 zwei Tore schießen. Dann kriegen wir kurz vor der Halbzeit das 1:2, und dann läuft nichts mehr zusammen.“
Besonders ärgerten Hasenau die Platzverweise, vor allem der für Mitrovic. „Man muss immer einen kühlen Kopf bewahren, auch wenn man emotional auf 180 ist. Sicher musste das Klatschen des Hünsborner Spielers da nicht sein. Aber man darf sich nicht provozieren lassen. Spucken geht gar nicht. Das ist ja auch für die Außendarstellung des Vereins ganz schlecht“, sagte Hasenau. Zu allem Überfluss fehlen Mucha und Mitrovic nun auch am Sonntag im wichtigen Heimspiel gegen den Vorletzten FSV Werdohl
Letztlich sei der Hünsborner Sieg verdient gewesen, gab auch Hasenau zu. „Wir waren in der ersten Halbzeit besser, Hünsborn aber noch klarer in der zweiten Hälfte. Dass wir mit den guten Leistungen nur auf dem elften Platz stehen, ist ein Witz“, ärgerte sich Albert Hasenau maßlos.